Der Bahnhof in Winterthur kommt an seine Belastungsgrenzen. Mit über 120'000 Reisenden täglich sind die Velo- und Personenunterführung des fünftgrössten Bahnhofs der Schweiz viel zu klein. ewp wurde mit der Projektierung der unterirdischen Velostation und der Werkleitungen sowie der Ausführung des städtischen Teils des Gesamtprojekts beauftragt.
1982 kam erstmals die Idee einer Velounterführung am Bahnhof Winterthur auf. Doch erst 40 Jahre später wird diese anfängliche Idee zur Realität. Bis Ende 2021 werden die 90-jährige Personenunterführung Nord und die unterirdische Veloquerung samt Velostation Rudolfstrasse neugestaltet und aufgewertet. Unter Leitung der SBB wird die Unterführung von jetzt 4.5 Meter auf 17.5 Meter wesentlich breiter, erhält barrierefreie Zugänge zu den Perrons und acht neue Geschäfte. Im Auftrag der Stadt Winterthur entstehen eine Velostation mit 750
Veloabstellplätzen und eine unterirdische Veloquerung. Die Neugestaltung der Rudolfstrasse zum verkehrsberuhigten Begegnungsplatz schafft zudem mehr Lebensqualität für alle.
Hoher Projektanspruch
«Enge Abstimmung, gute Kommunikation und Einhaltung der Termine sind unerlässlich.»
Der hohe Anspruch des Projektes zeigt sich nicht zuletzt in der Projektorganisation: Neben der Stadt Winterthur ist die SBB Bauherrin. Die Planung für das Gesamtprojekt teilt sich das Team RUD (ewp, manoa Landschaftsarchitekten GmbH und pool Architekten) mit dem Team PUWI (Locher Ingenieure AG, F.Preisig AG und 10:8 Architekten GmbH), die Bauleitung für die Bauherrin Stadt Winterthur stellt ewp gemeinsam mit der Flütsch Ingenieure AG sicher. Als Unternehmer ist die ARGE STRABurg mit an Bord. Die nicht alltägliche Projektorganisation verlangt eine sehr enge Abstimmung aller Beteiligten. Der Terminplan lässt zudem nur wenig Spielraum zu, da insbesondere Gleissperrungen bereits Monate im Voraus festgelegt werden müssen. Umso wichtiger sind eine gute Kommunikation und intensive Absprachen mit allen Akteurinnen und Akteuren.
Die engen Platzverhältnisse auf der Baustelle sind eine weitere Herausforderung. Die Gebäude auf der einen und die Gleise oder Perrons auf der anderen Seite geben die Grenze der Baugrube vor. Auf diesem engen Raum auch den ständigen Betrieb der Werkleitungen zu gewährleisten, erschwert die Arbeiten zusätzlich. Viele der von ewp projektierten Arbeiten finden in sechs Metern Tiefe statt. Dadurch steht das Fundament der Velostation tiefer als das der angrenzenden Gebäude, was eine Unterfangung der bestehenden Altbauten erfordert; die Fassade und Fundamente der Altbauten werden stückweise mit Betonriegel unterfangen. Die
Unterfangungen werden zusätzlich mit Mikropfählen in den Baugrund verankert. Erst während der Bauarbeiten zeigte sich der teilweise schlechte Zustand der Gebäudemauern. Trotz der unvorhersehbaren und zeitintensiven Mehraufwendungen konnte ewp den zeitkritischen Terminplan einhalten.
Eine Passerelle für Passanten
«Das Besondere für die Fussgängerinnen und Fussgänger ist die Passerelle in sechs Metern Höhe.»
Da der Neubau unter Vollbetrieb läuft und die Zugänge zum Bahnhof, den Geschäften und Hauseingängen jederzeit gewährleistet werden müssen, wurde eine provisorische Fussgängerbrücke eingerichtet. Die Passanten können in den nächsten drei Jahren über einen komfortablen Steg mit 3.70 Meter Breite schweben und die Baufortschritte von oben verfolgen. Insgesamt findet das Bauprojekt bei der Bevölkerung und den Anwohnenden einen breiten Zuspruch.
Nachtrag: Die Fluchttreppe entsteht – unter den Gebäuden hindurch (06/2020)
Nach einer eher ruhigen Zeit an der Rudolfstrasse, in der der Fokus vorwiegend auf den Arbeiten im Gleisbereich und auf der Seite des Bahnhofs lag, haben die Bauarbeiten wieder Fahrt aufgenommen.
Wer heute durch die Rudolfstrasse läuft, kann dies über verschiedene provisorische Stegverbindungen tun. Von da aus bietet sich ein hervorragender Blick auf die immer tiefer werdende Baugrube. Besonders spektakulär sind dabei die Arbeiten direkt unter den Stegen und Hilfsbrücken.
Eine besondere ingenieurtechnische Herausforderung wird nur bei sehr genauem Hinsehen vom Steg aus ersichtlich. Wer den Blick in Richtung der teilweise abgebrochenen Aussenwand des Kellergeschosses des Gebäudes an der Wartstrasse 2 richtet, stellt fest, dass dort bestehende Stützen, welche normalerweise Lasten von ca. 200 to in den Baugrund abtragen, in der Luft stehen und durch provisorischen Abfangkonstruktionen ersetzt wurden. In diesem Bereich wird die neue Fluchttreppe aus der Velostation in Richtung Wartstrasse gebaut, die teilweise bis zu einem Geschoss unter dem bestehenden Kellergeschoss des bestehenden Gebäudes zu liegen kommt.
Der Anfang ist gemacht! In den nächsten Wochen und Monaten werden die Arbeiten weiter vorangetrieben, so dass der planmässigen Eröffnung zum Fahrplanwechsel 21 nichts im Wege steht.
«An meiner Tätigkeit als Verkehrsplaner gefällt mir die Breite des Aufgabenfelds: Von der Verkehrszählung bis zum Gesamtverkehrskonzept, von der Strasse bis zum Veloweg, vom Rhein bis zur Reuss. Jedes Projekt ist einzigartig, so dass ich bei der Arbeit viel Neues lerne. Auch schätze ich den Austausch im Team sehr, menschlich wie fachlich.»
Christoph Suter
Projektleiter